Gotthold Ephraim Lessing war das dritte Kind und der zweitälteste Sohn des Kamenzer Archidiakons Johann Gottfried Lessing und seiner Frau Justina Salome (geb. Feller) (neun Geschwister folgten im Laufe der Jahre, jedoch überlebten nur sieben seiner Geschwister ihren ersten Lebenstag, sodass Gotthold letztendlich der älteste Sohn war); am 24. Januar 1729 wurde er in der St. Marienkirche in Kamenz durch seinen Großvater Gottfried Feller getauft.
[1] Der Vater Johann Gottfried Lessing war als Vertreter der lutherischen Orthodoxie durchaus gelehrt und sozial eingestellt, aber in Glaubensfragen patriarchalisch starr und exegetisch streitbar.
Der Vater unterrichtete den Sohn zunächst selbst, um ihn auf Schule und Universität vorzubereiten. Von 1737 bis 1741 besuchte Lessing die Lateinschule seiner Heimatstadt,
[2] die seit 1737 von dem jungen Johann Gottfried Heinitz geleitet wurde.
Der 1737 vom Kurfürsten genehmigten Bitte des Vaters, den Sohn Gotthold Ephraim als „Alumnus mit einer freyen Kost-Stelle“
[3] in der Fürstenschule St. Afra in Meißen aufzunehmen, entsprach der Sohn vorbildlich. 1741 bestand er die Aufnahmeprüfung in Sankt Afra hervorragend und erfüllte damit die vom Vater in ihn gesetzten Erwartungen. Mit einem Stipendium der Familie von Carlowitz ausgestattet, wechselte er am 22. Juni 1741 an die Fürstenschule in Meißen, wo er sich nach anfänglichen Konflikten mit der Schulordnung in das Anstaltsleben einfügte und neben dem umfangreichen Lehrplan der Schule in den alten Sprachen Latein, Griechisch und Hebräisch nur wenig Zeit fand, sich mit der zeitgenössischen „schönen Literatur“, gar der deutschen, oder den modernen Zeitschriften zu beschäftigen. Erste schriftstellerische Versuche Lessings reichen in diese Zeit zurück. 1746 wurde Lessing vom Rektor Theophilus Grabener wegen seiner ausgezeichneten Leistungen vorzeitig entlassen und ging zum Studium an die Universität Leipzig, wo er sich am 20. September desselben Jahres immatrikulierte.
Studium
Lessing studierte in Leipzig zunächst nach dem Wunsch des Vaters Theologie. 1748 wechselte er zum Medizinstudium und begab sich am 20. August desselben Jahres zu weiteren Studien an die Universität Wittenberg.
[4] Im November desselben Jahres zog er nach einer überstandenen Krankheit in die brandenburgische Residenzstadt Berlin. Dort rezensierte er die
Berlinerische Privilegierte Zeitung (die spätere
Vossische Zeitung), wurde 1750 Mitarbeiter bei den
Critischen Nachrichten aus dem Reiche der Gelehrsamkeit und begegnete unter anderem 1750 Voltaire.
Ab 1751 konzentrierte sich Lessing weiter auf sein Studium in Wittenberg. Als Medizinstudent verfolgte er ein Studium an der philosophischen Fakultät. Dort standen ihm die Vorlesungen von Johann Heinrich Martius in Poetik, Martin Hassen in Ethik, von Johann Daniel Ritter in Geschichte, von Georg Wilhelm Kirchmaier in Griechischer Sprache und Literatur, von Karl Gottlob Sperbach in Philosophie, von Georg Friedrich Baermann sowie Johann Friedrich Weidler in Mathematik, von Georg Matthias Bose in Physik und von Johann Wilhelm von Berger in Rhetorik zur Verfügung.
[5] Als Medizinstudent waren zu seiner Studienzeit Georg August Langguth, Abraham Vater, Daniel Wilhelm Triller und Georg Rudolf Böhmer seine Lehrer.
[6] So gebildet absolvierte Lessing am 29. April 1752 die Promotion zum Magister der Sieben Freien Künste.
[4]
Von Berlin über Breslau nach Hamburg Als Lessing im November 1752 nach Berlin zurückkehrte, bezog er gemeinsam mit Christian Nicolaus Naumann eine Bleibe, machte Bekanntschaft mit Karl Wilhelm Ramler, Friedrich Nicolai, Ewald Christian von Kleist, Johann Georg Sulzer und schloss Freundschaft mit Moses Mendelssohn. Im Oktober 1755 kehrte er nach Leipzig zurück. Im folgenden Jahr begann er eine auf mehrere Jahre angelegte Bildungsreise durch die Niederlande, England und Frankreich als Begleiter von Johann Gottfried Winkler, die er jedoch wegen des Siebenjährigen Krieges bereits in Amsterdam abbrechen musste. Im selben Jahr begegnete er Johann Wilhelm Gleim, Friedrich Gottlieb Klopstock und Conrad Ekhof.
1758 zog Lessing erneut nach Berlin, wo er mit Friedrich Nicolai und Moses Mendelssohn zusammen die Briefe, die neuste Literatur betreffend veröffentlichte.
Von 1760 bis 1765 war er in Breslau als Sekretär beim General Tauentzien beschäftigt. 1765 kehrte er zurück nach Berlin, um dann 1767 für drei Jahre als Dramaturg und Berater an das Hamburger Nationaltheater zu gehen, welches aber bereits 1769 aus finanziellen Gründen wieder geschlossen wurde. In dem Theater wurde Lessings Stück Minna von Barnhelm aufgeführt. Während seiner Tätigkeit am Hamburger Theater machte er unter anderem Bekanntschaft mit Friedrich Ludwig Schröder, Philipp Emanuel Bach, Johann Melchior Goeze, Johann Friedrich Löwen und den Familien Reimarus und König. Dabei lernte er seine spätere Frau Eva König kennen, deren Mann Engelbert König zu diesem Zeitpunkt noch lebte. Im selben Jahr wurde er zum Auswärtigen Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften gewählt.
Lessinghaus in Wolfenbüttel
Sterbehaus Lessings in Braunschweig, 1905
In Wolfenbüttel wurde er am 7. Mai 1770 Bibliothekar in der Herzog August Bibliothek. Dort entdeckte er das hochmittelalterliche Werk Schedula diversarum artium des Theophilus Presbyter, das er 1774 unter dem Titel Vom Alter der Ölmalerey aus dem Theophilus Presbyter herausgab.
Am 14. Oktober 1771 wurde Lessing in die Freimaurerloge Zu den drei Rosen in Hamburg aufgenommen, in einer abgewandelten Zeremonie in der Wohnung des Logenmeisters von Rosenberg, und in alle drei Grade eingeführt. Er war zwar bis 1780 Mitglied, besuchte die Loge aber nie wieder. Er schätzte die Freimaurerei hoch, wie an seinem 1778 und 1780 erschienenen Werk Ernst und Falk zu sehen, nicht aber die reale Freimaurerei, wie sie sich damals zeigte.[7]
1771 verlobte er sich mit der 1769 verwitweten Eva König. 1775 wurde seine Arbeit in der Bibliothek unterbrochen durch mehrere Reisen zu Eva Königs jeweiligem Aufenthaltsort, nach Wien über Leipzig, Berlin, Dresden und Prag und einer Audienz bei Kaiser Joseph II. Als Begleiter des Braunschweiger Prinzen Leopold reiste er nach Italien mit Aufenthalten in Mailand, Venedig, Florenz, Genua, Turin, Rom, Neapel und auf Korsika.
Am 8. Oktober 1776 heirateten er und Eva König in Jork bei Hamburg. Am Weihnachtsabend 1777 gebar sie einen Sohn (Traugott), der aber am folgenden Tag starb. Am 10. Januar 1778 starb auch Eva Lessing an Kindbettfieber.
1779 verschlechterte sich Lessings Gesundheitszustand. Am 15. Februar 1781 starb Lessing an Brustwassersucht bei einem Besuch in Braunschweig im Hause des Weinhändlers Angott nach vierzehntägiger Krankheit.
Er wurde auf dem Braunschweiger Magnifriedhof beigesetzt. 1793 setzte ihm der Braunschweiger Verleger Johann Heinrich Campe einen einfachen Stein mit Lessings Namen und Geburts- und Todestags. Sein Grab galt als verschollen und wurde 1833 von dem Braunschweiger Privatgelehrten und Kunsthistoriker Carl Schiller wieder aufgefunden. „Erst 1874 wurde es nach einem Entwurf von Friedrich Lilly im Atelier des Hofbildhauers Theodor Strümpell ausgeführt, das auf der Vorderseite das Reliefporträt Lessings von Hermann Stümpell jun. zeigt. Gestiftet wurde das Denkmal mit Genehmigung des Herzogs Wi von der Hofttheater-Intendanz.“[8]
Wirken
Lessing war ein vielseitig interessierter Dichter, Denker und Kritiker. Als führender Vertreter der deutschen Aufklärung wurde er zum Vordenker für das neue Selbstbewusstsein des Bürgertums. Seine theoretischen und kritischen Schriften zeichnen sich aus durch einen oft witzig-ironischen Stil und treffsichere Polemik. Das Stilmittel des Dialogs kam dabei seiner Intention entgegen, eine Sache stets von mehreren Seiten zu betrachten und auch in den Argumenten seines Gegenübers nach Spuren der Wahrheit zu suchen. Diese erschien ihm dabei nie als etwas Festes, das man besitzen konnte, sondern stets als ein Prozess des sich Annäherns.
Der Gedanke der Freiheit – für das Theater gegenüber der Dominanz des französischen Vorbilds, für die Religion vom Dogma der Kirche – zieht sich wie ein roter Faden durch sein ganzes Leben. Folgerichtig setzte er sich auch für eine Befreiung des aufstrebenden Bürgertums von der Bevormundung durch den Adel ein. In seiner eigenen schriftstellerischen Existenz bemühte er sich ebenfalls stets um Unabhängigkeit. Sein Ideal eines Lebens als freier Schriftsteller ließ sich jedoch nur schwer gegen die ökonomischen Zwänge durchsetzen. So scheiterte in Hamburg das Projekt „Deutsches Museum“, das er 1768 mit Johann Christoph Bode durchzuführen versuchte
Der Traum vom Theater
In seinen theoretischen und kritischen Schriften zum Theater und seinem eigenen Dramenwerk versuchte er zur Entwicklung eines neuen bürgerlichen Theaters in Deutschland beizutragen. Er wandte sich dabei gegen die herrschende Literaturtheorie Gottsched und seiner Schüler. Vor allem kritisierte er die bloße Nachahmung der französischen Vorbilder und spielte Shakespeare gegen Corneille und Racine aus (vgl. 17. Literaturbrief). Lessing war es, der die Shakespeare-Rezeption in Deutschland überhaupt begründete. In seinen tragödienpoetischen Schriften (Briefwechsel über das Trauerspiel, Hamburgische Dramaturgie) plädierte er für eine Rückbesinnung auf die klassischen Grundsätze von Aristoteles' Poetik, wandelte aber die aristotelische Lehre von den tragischen Affekten Mitleid und Furcht (eleos und phobos) ab, indem er das Mitleid zum entscheidenden tragischen Affekt erklärte. In seinen eigenen Trauerspielen knüpfte er an die attische Tragödie an, insbesondere an das Motiv der Verblendung, das den Untergang seiner tragischen Heldinnen (Sara Sampson, Emilia Galotti) bzw. seines tragischen Helden (Philotas) herbeiführt.[9] Er arbeitete mit mehreren Theatergruppen zusammen (z.B. mit Friederike Caroline Neuber).
Seine eigenen Arbeiten erscheinen uns heute wie die Prototypen für das sich später entwickelnde bürgerliche deutsche Drama. Miss Sara Sampson gilt als erstes deutschsprachiges bürgerliches Trauerspiel, Minna von Barnhelm als Vorbild für viele klassische deutsche Lustspiele, Nathan der Weise als erstes weltanschauliches Ideendrama. Seine theoretischen Schriften Laokoon und Hamburgische Dramaturgie setzten Maßstäbe für die Diskussion ästhetischer und literaturtheoretischer Grundsätze.
Der Kritiker und Aufklärer
In seinen religionsphilosophischen Schriften argumentierte Lessing gegen den Glauben an die Offenbarung und gegen das Festhalten an den „Buchstaben“ der Bibel durch die herrschende Lehrmeinung. Dem gegenüber vertraute er auf ein „Christentum der Vernunft“, das sich am Geist der Religion orientierte. Er glaubte, dass die menschliche Vernunft, angestoßen durch Kritik und Widerspruch, sich auch ohne die Hilfe einer göttlichen Offenbarung entwickeln werde. Um eine öffentliche Diskussion gegen die orthodoxe „Buchstabenhörigkeit“ anzuregen, veröffentlichte er in den Jahren 1774 bis 1778 sieben Fragmente eines Ungenannten, die zum so genannten Fragmentenstreit führten. Sein Hauptgegner in diesem Streit war der Hamburger Hauptpastor Johann Melchior Goeze, gegen den Lessing unter anderem als Anti-Goeze benannte Schriften von Hermann Samuel Reimarus herausgab.[10]
Außerdem trat er in den zahlreichen Auseinandersetzungen mit den Vertretern der herrschenden Lehrmeinung (z.B. im Anti-Goeze) für Toleranz gegenüber den anderen Weltreligionen ein. Diese Haltung setzte er auch dramatisch um in dem Drama Nathan der Weise, als ihm weitere theoretische Veröffentlichungen verboten wurden. In der Schrift Die Erziehung des Menschengeschlechts legte er seine Position zusammenhängend dar.
wikipedia
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